Alltag, Hektik, Telefonanrufe, Beratung, dazwischen
den Haushalt, lernen, ... und dann, plötzlich, wie ein déjà vu, als ich an
meinem Kasten vorbei husche – dieser Geruch, leicht süßlich, ein bißchen wie
Vanillekipferl, Erinnerungen an gelungene Sessions blitzen auf, an rauschende
Bälle und intime Feste zu zweit, mein Lieblingsgeruch – der Geruch von
durchsichtigem Latex. Latex, der Teil von LLL, der noch immer nicht ganz den
Geruch (!) des „Außergewöhnlichen“, des „Perversen“ verloren hat. Leder und
Lack ist in vielen Kleiderschränken zu finden, aber gibt frau (außerhalb der
Szene) zu, Latex zu mögen, erntet man im positivsten Fall einen ungläubigen, im
negativsten einen „sperrt die Kinder weg“ Blick. Latex als Bekleidung war viele Jahre nur einem kleinen
Kreis zugänglich, alles abseits von „Hygienewäsche“ und Schürzen, war
kostspielig, wenige Hersteller produzierten für einen meist männlichen
Kundenkreis, Frauen in Latex sah man fast nur in einschlägigen Studios, und
Latex, das auch einem modekritischen Auge standhielt, gab es schon gar nicht.
Das hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Jeder bessere Designer
präsentiert Latex auf dem Catwalk, Brittney trägt es und die tollen Typen von
Matrix, Janet darf in Latex Amerika schocken und die aufgeregten Entgegnungen
der Firma ob der Haltbarkeit ihrer Produkte stehen in allen Klatschspalten. Die
Auswahl an Herstellern ist heute riesig, für jeden Geschmack ist etwas dabei,
kein Kleidungsstück bis hin zum weißen Hochzeitskleid, das es nicht auch aus Latex
gibt. Das alles, sieht man von „Ottonormalsexshop“ ab, zu vernünftigen Preisen
und sogar in Größen jenseits von Twiggy. Und selbst Psycholog/Innen beginnen
einzusehen, Fetischisten sind nicht nur Männer, wie es in einschlägigen
Diagnoseschlüsseln noch immer steht. Was fasziniert so an Latex? Nun, bei mir ist es, wie
eingangs beschrieben, erst mal der Geruch, es macht mich total an, auch nur in
meinen Latexkartons zu wühlen, daran zu schnuppern, wie ein kleines Kind mit
seinen Bausteinen zu spielen. Die Initialzündung dazu hat sicherlich mein
Freund gegeben, bei unserer ersten Session war ich völlig platt, ein Mann in
roten Latexstiefeln und roten Latexsachen! Dann hat er mir die Augen verbunden
und geblieben ist während dem Spiel der Geruch und natürlich die Berührung,
Latex auf nackter Haut, so vertraut und gleichzeitig so neu, ich habe lange
nachgedacht, woher diese Affinität zum Geruch kommt. Des Rätsels Lösung: meine
Mutter, so unglaublich es klingt, hat in einer kleinen Fabrik, die Gummiteile für
Krankenhäuser hergestellte, die Buchhaltung gemacht und mich im Kinderwagen
mitgenommen – voila - frühkindliche Prägung - Freud hätte seine Freude! Dann ist da dieses spezielle Tragegefühl, wenn ich
lange Röcke trage, umspielt das Latex auf eine ganz besondere Weise die Beine,
wie eine sanfte Berührung, ein permanentes Streicheln, mehrere Schichten
übereinander verstärken dieses Gefühl noch, beim Gehen schlägt es mit einem
ganz eigenen Ton gegeneinander und gegen die Knöchel. Enge Anzüge geben ein
anders Gefühl, sie wirken wie eine Barriere zur Umwelt, wie eine zweite Haut,
und trotzdem fühle ich mich gleichzeitig wie nackt, die Falten von schwerem,
engem Gummi ziehen an der Haut, ein wenig wie die Hände eines Masseurs,
besonders kurz nach den Anziehen merke ich, wie der Anzug versucht, sich dem
Körper anzupassen, in die „richtige“ Position zu rutschen und wie ich mich
drehe und wende, um dies zu erleichtern. Ich mag dickes Latex beim Spielen, weil es so
widerstandsfähig ist, sich leicht reinigen läßt, und man mit Flüssigkeiten
nicht so aufpassen muß, wie bei Leder oder Lack. Ich mag dünnes Latex für meine „Ausgehkleider“, weil
es dem Körper schmeichelt und man so unglaublich viel daraus zaubern kann. Ich mag schwarzes, schweres Latex, wie z.B. meine
Fesseljacke, weil sie mir das ultimative Gefühl der Bewegungslosigkeit und doch
des Berührt werden gibt. Ich mag durchsichtiges Latex, weil es dem Dresscode
entspricht und doch aus der Masse der „schwarzen Manda“ hervorsticht. Ich mag meine bunten Latexklamotten, weil die Farben
leuchten wie frisch gemalt, intensiv und satt wie ein Regenbogen nach einem
warmen Sommerregen. Ich mag Latex, weil es ein Naturmaterial ist und die
Haut weich und geschmeidig macht.
Latex, weil ...
Und dann ist da noch die Frage „schwitzt man da nicht furchtbar drin?“. Nun, jemand, mit dem ich die Ehre hatte, ein paar Gummi – Filme zu drehen, sagt darauf immer einfach „Nein“, was stimmt und auch wieder nicht. Die Haut beginnt zu transpirieren, aber es ist nicht so unangenehm, wie im Hochsommer bei 40 Grad ohne Sonnenschirm, der Film, der sich auf der Haut bildet, verstärkt das Gefühl der Berührung nur noch, wie wenn der Masseur ein wenig zu viel Öl erwischt. Oft bin ich beim Ausziehen (praktischerweise in der Badewanne) selbst erstaunt, wie naß die Sachen sind, auch nicht schlecht, erspare ich mir eben die Sauna ...
Aber ich muß jetzt leider Schluß machen, diese Unordnung im Kasten, ich muß unbedingt aufräumen ...