Zeugnisverweigerungsrecht

Gesetzestext

Pflicht zur Zeugenaussage §150 StPO (Strafprozeßordnung)

In der Regel ist jeder, der als Zeuge vorgeladen wird, verpflichtet, der Vorladung Folge zu leisten und über das, was ihm vom Gegenstande der Untersuchung bekannt ist, vor Gericht Zeugnis abzulegen.

Verbot der Zeugenvernehmung § 151 StPO

Als Zeugen dürfen bei sonstiger Nichtigkeit ihrer Aussage nicht vernommen werden:
1. Geistliche über das, was ihnen in der Beichte oder sonst unter dem Siegel geistlicher Amtsverschwiegenheit anvertraut wurde;
2. Staatsbeamte, wenn sie durch ihr Zeugnis das ihnen obliegende Amtsgeheimnis verletzen würden, insofern sie dieser Verschwiegenheitspflicht nicht durch ihre Vorgesetzten entbunden sind;
3. Personen, die zur Zeit, in der sie das Zeugnis ablegen sollen, wegen ihrer Leibes- oder Gemütsbeschaffenheit außerstande sind, die Wahrheit anzugeben.

Befreiung von der Zeugenpflicht § 152 StPO

(1) Von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses sind befreit:

1. Personen, die sich durch ihre Aussage der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen würden oder die im Zusammenhang mit einem gegen sie geführten Strafverfahren Gefahr liefen, sich selbst zu belasten, auch wenn sie bereits verurteilt worden sind;
2. Personen, die im Verfahren gegen einen Angehörigen (§ 72 StGB) aussagen sollen oder deren Aussage die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung eines Angehörigen mit sich brächte, wobei die durch eine Ehe begründete Eigenschaft einer Person als Angehöriger aufrecht bleibt, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
3. Personen, die zur Zeit ihrer Vernehmung das vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben und durch die dem Beschuldigten zur Last gelegte strafbare Handlung verletzt wurden, sofern die Parteien Gelegenheit hatten, sich an einer vorausgegangenen gerichtlichen Vernehmung zu beteiligen (§§ 162a, 247);
4. Verteidiger, Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist;
5. Psychiater, Psychotherapeuten, Psychologen, Bewährungshelfer und Mitarbeiter anerkannter Einrichtungen zur psychosozialen Beratung und Betreuung über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist; 6. jedermann darüber, wie er sein Wahl- oder Stimmrecht ausgeübt hat, wenn dessen Ausübung gesetzlich für geheim erklärt ist.

(2) Den in Abs. 1 Z 4 und 5 erwähnten Personen stehen deren Hilfskräfte und jene Personen gleich, die zur Ausbildung an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen.

(3) Das Recht der in Abs. 1 Z 4 und 5 sowie in Abs. 2 erwähnten Personen, sich des Zeugnisses zu entschlagen, darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden.

(4) Steht eine als Zeuge vorgeladene Person nur zu einem von mehreren Beschuldigten in einem der vorstehend erwähnten Verhältnisse, so kann sie sich des Zeugnisses hinsichtlich der anderen nur dann entschlagen, wenn eine Sonderung der Aussagen, die die anderen betreffen, nicht möglich ist. Gleiches gilt, wenn sich der Grund für die Zeugnisentschlagung nur auf einen von mehreren Sachverhalten bezieht.

(5) Der Untersuchungsrichter hat die in den Abs. 1 und 2 erwähnten Personen vor ihrer Vernehmung oder sobald der Grund für die Zeugnisbefreiung bekannt wird, über ihr Entschlagungsrecht zu belehren und ihre darüber abgegebene Erklärung in das Protokoll aufzunehmen. Hat der Zeuge auf sein Recht, sich des Zeugnisses zu entschlagen, nicht ausdrücklich verzichtet, so ist seine Aussage nichtig.

Zeugnisverweigerungsrecht § 153 StPO

(1) Wenn die Ablegung des Zeugnisses oder die Beantwortung einer Frage für den Zeugen oder einen seiner Angehörigen (§152 Abs. 1 Z 2) Schande oder die Gefahr eines unmittelbaren und bedeutenden vermögensrechtlichen Nachteils mit sich brächte, und er deshalb das Zeugnis verweigert, so soll er nur zum Zeugnis verhalten werden, wenn dies wegen der besonderen Bedeutung seiner Aussage unerläßlich ist.
(2) Eine durch eine strafbare Handlung in ihrer Geschlechtssphäre verletzte Person kann die Beantwortung von Fragen nach Umständen aus ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich sowie nach Einzelheiten der strafbaren Handlung, deren Schilderung sie für unzumutbar hält, verweigern. In diesem Fall ist nach Abs. 1 vorzugehen.
(3) Sobald sich Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer Zeugnisverweigerung nach Abs. 1 oder 2 zeigen, hat der Untersuchungsrichter den Zeugen hierüber zu belehren.


Herrschende Lehre und Rechtssprechung

Die Vernehmungsverbote gem. § 151 StPO sind absolute, d.h. eine trotz Vorliegen eines Ausschlußgrundes getätigte Aussage führt zur Nichtigkeit (=Unwirksamkeit).

Das Entschlagungsrecht gem. § 152 StPO befreit nur von der Aussagepflicht, macht ein Zeuge trotz Belehrung über dieses Recht Angaben, so sind diese verwertbar, wird nicht auf das Entschlagungsrecht hingewiesen, so ist diese Aussage nichtig. Das Entschlagungsrecht steht bei jeder Zeugeneinvernahme zu.

Das Zeugnis gem. § 153 darf, sofern nicht die Aussage wegen ihrer besonderer Bedeutung unerläßlich ist, verweigern, wer über sich selbst oder einen Angehörigen Schande brächte, einen erheblichen Vermögensnachteil erleiden würde oder, wenn eine durch die strafbare Handlung in ihrer Geschlechtssphäre verletzte Person über Umstände aus ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich oder Einzelheiten der strafbaren Handlung, deren Schilderung sie für unzumutbar hält, befragt wird.
Verweigert ein Zeuge unberechtigt die Aussage, so sind Geldstrafen und eventuell sogar Beugehaft vorgesehen.
Ein Zeuge muß wahrheitsgemäß aussagen (§ 150 StPO), Falschaussagen können gem. § 288 StGB mit bis zu drei Jahren bestraft werden, eidliche Falschaussagen mit sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Als Angehörige gem. § 72 StGB sind auch gleichgeschlechtliche Lebenspartner, geschiedene Eheleute und der die Eltern eines unehelichen Kindes untereinander zu behandeln.

Von den Beschränkungen für Zeugen gem. §§ 151 – 153 StPO sind die Rechte des Beschuldigten zu unterscheiden. Er hat das Recht, nicht auszusagen, kann sogar lügen, wenn er nicht durch die Lüge andere strafbare Handlungen wie Verleumdung oder üble Nachrede begeht.


Meine Meinung

Das Zeugnisverweigerungsrecht räumt Zeugen (und als solche werden auch Geschädigte vernommen) die Möglichkeit ein, Details einer Straftat ganz oder teilweise für sich zu behalten, einerseits, wenn sie Angehörige sind, andererseits, wenn sie sich dadurch selbst einer Straftat belasten würden, oder über sich selbst oder nahe Angehörige "Schande" bringen würden. Letzteres scheint zwar auf den ersten Blick ein passendes "Schlupfloch" für z.B. verletzte Bottoms, leider kann der Richter (oder im Vorverfahren der Staatsanwalt) auf die Einvernahme bestehen, wenn es sich um den einzigen Zeugen handelt, der eine Verurteilung gewährleisten könnte, dies auch unter Verhängung von Geld- und sogar Beugestrafen.
Grundsätzlich empfehle ich jedem Zeugen, so wenig wie möglich auszusagen, sich nicht zu unbedachten Äußerungen hinreißen zu lassen, und nicht auf das, leider noch immer praktizierte, Spiel "guter Bulle, böser Bulle" hereinzufallen.

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