Einwilligung des Verletzen

Gesetzestext

Einwilligung des Verletzten § 90 StGB.

1. Eine Körperverletzung oder Gefährdung der körperlichen Sicherheit ist nicht rechtswidrig, wenn der Verletzte oder Gefährdete in sie einwilligt und die Verletzung oder Gefährdung als solche nicht gegen die guten Sitten verstößt.

2. Die von einem Arzt an einer Person mit deren Einwilligung vorgenommene Sterilisation ist nicht rechtswidrig, wenn entweder die Person bereits das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat oder der Eingriff aus anderen Gründen nicht gegen die guten Sitten verstößt.

3. In eine Verstümmelung oder sonstige Verletzung der Genitalien, die geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen, kann nicht eingewilligt werden.


Herrschende Lehre und Rechtsprechung

Die Einwilligung kann ausdrücklich oder schlüssig erfolgen und muß frei von Zwang, Täuschung oder Irrtum sein, auch der Erfolg muß bewußt sein. Der Einwilligende muß die Tragweite seiner Erklärung erkennen, d.h. weder berauscht, noch krank oder im Schockzustand sein. Der Täter muß von der Einwilligung wissen.

Gute Sitten Klausel: gegen die guten Sitten verstößt, was dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht. Grundsätzlich sind schwere Körperverletzungen immer sittenwidrig, leichte dagegen nicht.

Um die Einwilligung gibt es seit Jahren Juristenkontroversen. Die Rechtsprechung ist hier aber eindeutiger.


Meine Meinung

Die Einwilligung des Bottom scheint ein guter Ausweg aus der Strafbarkeit von Körperverletzungen zu sein. Leider nur oberflächlich betrachtet. Schon die Tatsache, daß auch der Erfolg der Handlung dem Bottom bewußt sein muß, ist ein großes Hindernis.

Die größte Schwelle ist die "Gute Sitten Klausel". Hinter der grauslichen Formulierung vom "Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" können sich alle Arten von Vorurteilen verstecken. Hinzu kommt, daß schwere Körperverletzungen § 84 StGB immer sittenwidrig sind, also auch mehr als drei Tops mit nur einem Bottom, oder die Verwendung ein gefährliches Werkzeuges (bestimmte Schlagwerkzeuge).

Demonstrieren läßt sich der stetige Wertewandel in der Gesellschaft am Beispiel Piercing und Tätowierungen: Noch vor einigen Jahren war jede Form von Piercing immer gegen die guten Sitten, und somit als Körperverletzung strafbar. Seit einiger Zeit gibt es genaue Regelungen für Piercing Studios, und das Stechen "von gewöhnlichen Löchern" ist nicht mehr gegen die guten Sitten und somit bei Einwilligung nicht rechtswidrig. Das Tätowierer – Handwerk hat diese Wandlung schon viel früher geschafft. Aufklärung und positive Meinungsbildung könnten diesen "Wertanpassung" möglicherweise auch im SM – Bereich bewirken. Doch muß man darüber nachdenken, ob man damit nicht auch Gewalttätern ein Gesetzesschlupfloch öffnet.

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