Anzeigepflicht

Gesetzestext

Anzeige von strafbaren Handlungen durch Behörden § 84 StPO

(1) Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde verpflichtet.
(2) Keine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht, 1. wenn die Anzeige eine amtliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, oder 2. wenn und solange hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, die Strafbarkeit der Tat werde binnen kurzem durch schadensbereinigende Maßnahmen entfallen.
(3) Die Anzeigepflicht der Sicherheitsbehörden bleibt unberührt.

Anzeige von strafbaren Handlungen durch jedermann, vorläufige Maßnahmen § 86 StPO

(1) StPO Wer immer von einer strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist, Kenntnis erlangt, ist berechtigt, sie anzuzeigen. Zur Annahme der Anzeige ist nicht bloß der Staatsanwalt, sondern es sind dazu auch der Untersuchungsrichter, das Bezirksgericht und die Sicherheitsbehörde verpflichtet; sie haben die Anzeige dem Staatsanwalte zu übermitteln.
(2) Liegen hinreichende Gründe für die Annahme vor, daß eine Person eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung ausführe, unmittelbar vorher ausgeführt habe, oder daß nach ihr wegen einer solchen Handlung gefahndet werde, so ist jedermann berechtigt, diese Person auf angemessene Weise anzuhalten. Er ist jedoch verpflichtet, die Anhaltung unverzüglich dem nächsten Sicherheitsorgan anzuzeigen.


Herrschende Lehre und Rechtsprechung

Jedermann ist berechtigt, strafbare Handlungen den Staatsanwalt, aber auch dem Untersuchungsrichter, den Bezirksgerichten oder den Sicherheitsbehörden anzuzeigen; sie haben die Anzeige dem Staatsanwalt zu übermitteln.

Für eine unbegründete Anzeige haftet der Anzeiger nur, wenn er weiß, daß sie falsch ist (§§ 297. 298 StGB).

Anzeigepflicht besteht nur für Behörden und öffentliche Dienststellen bei Verdacht eines Offizialdeliktes, das ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft. Keine Pflicht zur Anzeige besteht, wenn sie eine amtliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, die auf einem Vertrauensverhältnis beruht (z.B. Bewährungshilfe, Drogenberatung)


Meine Meinung:

Die Delikte des österreichischen StGB sind bis auf wenige Ausnahmen Offizialdelikte, d.h. sie werden auch ohne Antrag des Verletzten, sogar gegen dessen Willen verfolgt.
Die Anzeigepflicht für Behörden und öffentliche Dienststellen betrifft auch medizinisches Personal in öffentlichen Spitälern und Schul- und Sicherheitsbehörden. Einerseits direkt, wie z.B. bei Behandlung "verdächtiger" Verletzungen in Spitälern, andererseits indirekt, wenn vermutet wird, daß Kinder auf Grund der familiären Situation Schaden nehmen könnten.

Ärzte und Krankenschwestern vor allem in Unfallabteilungen erkennen sehr genau, ob eine Verletzung "gewaltsam" entstanden, oder ob man die "Treppe hinunter" gefallen ist. Wie man die Ursachen einer Verletzung beschreibt, bleibt aber schließlich doch dem Verletzten selbst vorbehalten. Daher, wenn noch irgendwie möglich, vorher (schon beim Ausfüllen des Anmeldeformulars) die Vorgangsweise überlegen und sich auch mit eventuellen Begleitpersonen besprechen.

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