G’schamster Diener

Gerald Grassl

Aktionistische Lesung

Wien – Stadt des Sadomasochismus

(Ein literarischer Stadtrundgang mit Liedern)

Am Dienstag, 14. Februar 2006, 20 Uhr

SMart – Cafe

Köstlergasse 9, A-1060 Wien
Tel./Fax: +43-(0)1-5857165 

info@smartcafe.at

Peter Pisa schrieb am 25. 12. 2005 in der Tageszeitung "Kurier": Ein deutscher Kabarettist hat auf Sender Pro 7 von den seltsamen Österreichern berichtet: Im Kaffeehaus sei er vom Kellner bedrängt worden: "Wollen S’ einen Verlängerten?" Er richtet sich die Hose. Das habe ihn ziemlich irritiert, sagt er. Danach, so erzählt er weiter, sei er in Wien bei einem TV-Auftritt von der Maskenbildnerin gefragt worden: "Soll ich Sie abpudern?"

Da sei er froh gewesen, dass er im Kaffeehaus das Angebot des Kellners angenommen habe…

Hoffentlich hat den Witz jetzt niemand verstanden…

Während Deutsche trotz unterschiedlicher Dialekte von der Waterkant bis Bayern zu einer gemeinsamen Verständigungsform finden, begegnen sich in der österreichischen Hauptstadt Wien, Bewohner des hochherrschaftlichen Bezirkes Hietzing nasal mit noblem Schönbrunner-Deutsch, den proletarischen Ureinwohnern des Nachbarbezirkes Meidling wie Fremde.

Doch ihnen gemeinsam ist eine durch und durch devote Grundhaltung: "Küss die Hand gnädige Frau, g’schamster Diener, Servus (= ich bin dein Diener)…"

Als ich diese Grußform auf die Spitze trieb und damit begann "mit Fußkuss" zu grüßen, irritierte das zwar für Sekunden die angesprochenen Gegenüber, doch bald folgte der Verwirrung (wie ich sicher bin) oft ein vergnügtes Aufblitzen in den Augen: Ja bitte, warum nicht?

Ein Tourist, der aufmerksam diese Stadt erkunden will, kann sich nur wundern: Ein Haus nach dem anderen aus der Gründerzeit, wo muskulöse nackte Männer aus Stein unter Balkons und Simsen ächzen. Wer ins Kaffeehaus "Wortner" auf der Wieden einkehrt, wird auf dem Platz davor den schönen "Engel"-Brunnen bewundern: An der Spitze eine schöne Maid; zu ihren Füßen kräftige Männer in Ketten…

Apropos Sagen: Sie heißen "Schab den Rüssel" oder "Stock im Eisen" und halten DAS, was sie versprechen.

Der Wiener ist grundsätzlich sklavisch veranlagt. Dein größter Feind wird dir stets freundlich begegnen, als ob er dein bester Freund wäre. Doch Vorsicht: Kaum kehrst du ihm den Rücken zu, bücke dich rasch. Nicht um durch Demutsübungen endlich heimisch zu werden, sondern damit dich nicht ein Hackerl im Kreuz trifft…